Im Changthang in Ladakh leben die Nomaden auf über 4.200 m. Hier ist keine Landwirtschaft möglich. Stattdessen wandern die HirtInnen täglich mit ihren großen Ziegen- und Schafherden über die kargen Almen.
Die Winter sind eisig, aber gerade dadurch wachsen den Ziegen ganz weiche kuschelige Haare als Unterfell, die sehr gut wärmen und fein und leicht sind.
Die Ziegenbabies werden im Januar geboren. Damit sie nicht erfrieren, werden sie dicht gedrängt in ein Erdloch gesteckt mit einer Decke darüber für die Nacht.
Morgens und abends werden sie zu ihren Müttern gebracht, um zu trinken. In dieser Zeit werden die Ziegen nicht gemolken, alle Milch geht in den Nachwuchs.
Frühjahr bis Sommeranfang ist die Zeit der Haarentfernung. Diese werden herausgekämmt und gesammelt.
Hier gibt es ein Video unseres Kollegen dazu:
Alle Nomaden liefern die Haare an die Weiterverarbeitungsmaschine in die Hauptstadt Leh. Diese war als erste ihrer Art 2004 fertig gestellt. Damit ging ein wichtiger Schritt der Weiterverarbeitung nach Ladakh (bis dato kauften Leute aus Kaschmir und Himachal Pradesh die Rohwolle von den Nomaden und brachten sie zu ihren eigenen Maschinen). Die Maschine wird von einer Gesellschaft betrieben, die sich auch um gute Marktpreise kümmert.
Hier wird die Rohwolle zuerst nach Farbtönen per Hand getrennt. Weiß ist am begehrtesten, da es sich am einfachsten färben lässt.
Es gibt drei verschiedene Farbabstufungen.
Danach geht der Rohstoff in die „Waschmaschine“. Hier werden Dreck und Fett entfernt.
Nach Trocknung wird es veredelt.
Die letzte Maschine kardiert das Material und es entsteht ein extrem weicher Tuff.
Weiter geht das weiche Material in die Nähe von Pathankot im Punjab. Dort steht am Ende einer holperigen Piste ein mittelgroßes Gebäude.
Im Erdgeschoss sind sehr viele Maschinen untergebracht. In diversen Schritten wird das Ausgangsmaterial zu einem äußerst feinen und doch robusten Faden verarbeitet. Kürzere und kleinere Haare werden entfernt, die längeren dagegen so sortiert, dass sie nebeneinander zu liegen kommen. Diese werden dann gedreht und verwickelt für gute Festigkeit. Die dabei entstehenden „Würste“ werden mit jeder Maschine schmaler und schmaler. Am Ende ist der Faden unglaublich fein und dünn. Um ihn dann verweben zu können werden 2 dieser Fäden miteinander verdreht. Diese Vorgänge sind auf den folgenden Bildern zu sehen:
Die Menschen braucht es hier hauptsächlich zum Materialnachfüttern und zum Eingreifen, wenn es irgendwo hakt. Die meisten hier arbeitenden Menschen sind Männer, aber auch einige Frauen sind bei den Maschinen tätig.
Ist der Faden fertig bearbeitet, geht er zu den Webmaschinen. D.h. manche gehen direkt zu den Maschinen, andere zu den Färbern in Uttarkhand. Das ist der einzige Vorgang, den ich (noch) nicht selber gesehen habe. Dieser Färbevorgang erfordert große Sorgfalt. Hier werden nur die Fäden für Musterschals gefärbt, bei einfarbig bunten Stücken werden diese nach dem Weben gefärbt (siehe weiter unten). Es gibt ca. 12 Webmaschinen. Es gibt verschiedene Webarten und Farbmuster, die jeweils eingestellt werden – und in rasender Geschwindigkeit ist ein Stück nach dem anderen gewebt. Es folgen auch hier einige Beispielfotos:
Die fertigen Webstücke werden dann in den ersten Stock gebracht, wo sie durch diverse manuelle Qualitätskontrollen gehen bzw. wo die Fehlerchen ausgebessert werden. Hier arbeiten fast nur Frauen.
Am Ende gehen die Schals durch die Dampfmangel, werden per Hand zusammengelegt – und sind bereit für den Verkauf.
In der Fabrik arbeiten ca. 100 Menschen. Die Maschinen laufen ununterbrochen 24 Stunden lang – außer am Dienstag, da herrscht Stromknappheit und alle haben frei. 2007 wurde die Fabrik gebaut. Heute produziert sie ca. 350-450 Stücke pro Tag. Davon sind die aus Ladakh nur ein Teil. Die Nomadic Woollen Mill ist jedoch ein sehr wichtiger und lieber Abnehmer, der das eigene Ausgangsmaterial aus Ladakh liefert. Das andere Rohmaterial stammt aus der Mongolei.
Die natur-einfarbigen Stücke, die als Gesamtstück gefärbt werden sollen gehen nach Delhi. Dort befindet sich in einer schmalen Gasse eine kleine familiäre Farbmanufaktur.
Im obersten Stock sind einige Männer des Familienunternehmens mit der Färberei beschäftigt. Auf Gaskochern wird die Farbe bei ca. 80°C in Wasser gelöst. Die Webschals werden unter steter Bewegung einige Zeit in die Farbe getaucht. An meinem Besuchstag wurden dreifarbige Schals gefärbt. Danach wird der Schal ordentlich gewässert und geschleudert. Zum Trocknen wird es auf Leinen gehängt und am Tagesende durch die Dampfmangel gedreht und zusammengelegt. Hier sind einige Fotos der Färber:
Am Ende gelangen die Schals einem geschmackvollen Laden in Leh, der Nomadic Woollen Mill. Oder zu uns in Deutschland!