Kamerakidz-Projekt in Zanskar. Ich sitze im Hostel und arbeite an den Kinderfotos herum. Die Mutter von Rikchok und Deskit kommt. Sie hat mir Bananen und Kuchen mitgebracht. Weil sie es so nett findet, dass ich komme und mit ihren Kindern fotografiere. Sie setzt sich zum unterhalten:
– Du bist ganz alleine hier?
– Ja
– Du hast auch zuhause keinen Mann oder Kinder?
– Nein
– Und du kommst immer ganz alleine hergereist?
– Ja
Sie schüttelt den Kopf. Das könnte sie niiiiiieeeee! Sie hätte sooooo viele Ängste. Sie guckt mich an wie ein außerirdisches Wesen.
Da ist sie wieder, die riesige Distanz, die sich mir wie eine tiefe weite Schlucht darstellt.
– Aber ich bin doch nicht wirklich allein, ich kenne doch überall Jemanden. Und die Leute sind alle immer sehr nett.
– Ja, aber es sind Fremde, keine Familie.
– Aber du, du gehst doch immer mit deinen Schafen alleine in die Berge – hast du da keine Angst?
Sie guckt mich fragend an.
– Ich hätte da große Angst. So alleine mit so vielen Schafen und der Verantwortung.
Ihre Augen werden groß.
– Wir sind so unterschiedlich aufgewachsen. Ich habe keine Angst, alleine in einem fremden Land zu sein und du hast keine Angst, alleine mit den Schafen in den Bergen zu sein.
Sie lächelt mich an.
Ich glaube, die tiefe weite Schlucht ist ein bisschen kleiner geworden.
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